Ländliche Räume: Umstieg auf ÖPNV oft schwer

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    04. August 2022
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    NAHVERSORGT

Noch genau vier Wochen, dann wird das 9-Euro-Ticket Vergangenheit sein. Am 31. August endet das befristete Angebot, den öffentlichen Nah- und Regionalverkehr verbundübergreifend zu einem Schnäppchen-Preis nutzen zu können. Nach Verkaufszahlen bemessen, war die verbilligte Monatskarte ein großer Erfolg. Bezogen auf das eigentliche Ziel fällt die Bilanz jedoch - insbesondere mit Blick auf die peripheren ländlichen Räume - weit weniger positiv aus. 

Mit der Einführung des deutschlandweit gültigen 9-Euro-Tickets zum 1. Juni 2022 wollte die Bundesregierung einen Ausgleich schaffen zu den stark gestiegenen Kosten für Lebensmittel und Energie. Im Fokus standen dabei die Pendlerinnen und Pendler. Während der gleichzeitig eingeführte Rabatt auf Kraftstoffe die Ausgaben für Pkw-Fahrten zur Arbeitsstätte abmildern sollte, zielte der günstige ÖPNV-Fahrschein darauf, die Berufstätigen zu einem (dauerhaften) Umstieg auf die klimafreundlicheren Bahnen und Busse zu bewegen. Mit dem 9-Euro-Ticket sollte die angestrebte Verkehrswende an Fahrt gewinnen. 

Mehrere Milliarden Euro Steuermittel wird die Bundesregierung allein zur Finanzierung der verbilligten Monatskarte aufwenden müssen. Bereits zur Halbzeit der drei Monate dauernden Aktion waren über 31 Millionen Tickets verkauft. Ob aber zukünftig mehr Berufstätige das Auto stehen lassen und mit Bussen und Bahnen zur Arbeit fahren werden, bleibt mehr als fraglich. Denn zum einen fielen die gewährten Rabatte auf Kraftstoffe und ÖPNV-Fahrten mitten in die Ferienzeit. Und so freuten sich vor allem in- und ausländische Touristinnen und Touristen über günstige Städtetrips und Reisen in die deutschen Urlaubsregionen zum Schlussverkauf-Preis. Genervt wegen der vielerorts übervollen öffentlichen Verkehrsmittel stiegen zahlreiche Pendlerinnen und Pendler zwischenzeitlich gar auf das Auto um. 

Zum anderen erreicht der Anreiz, auf öffentliche Verkehrsmittel umzusteigen, einen Großteil der Pendlerinnen und Pendler gar nicht. Während in den Ballungszentren bereits viele Beschäftigte die hoch getakteten Angebote des Nah- und Regionalverkehr nutzen, um zur Arbeit zu pendeln, sieht sich die Landbevölkerung mit maximal ausgedünnten Busfahrplänen und stillgelegten Bahnstrecken konfrontiert. Immerhin: In einigen peripher gelegenen Orten organisieren engagierte Bürgerinnen und Bürger "Mitfahr-Bänke" oder "Bürgerbus"-Rufsysteme als Alternativen zum eigenen Wagen.

Welche Lehren aus dem dreimonatigen Feldversuch gezogen werden können, darüber wollen die Verkehrsministerinnen und -minister aus Bund und Ländern nach der Sommerpause auf einer Konferenz beraten. Klar ist: Für einen nachhaltig wirkenden Effekt bräuchte es in den ländlichen Räumen zunächst ein attraktives und zeitgemäßes Angebot. Vielleicht lieferte das 9-Euro-Ticket rückblickend betrachtet den Startschuss für einen Betrieb von modularen Regionalverkehrszügen, On-demand-Bussen oder Robo-Taxis auf dem Land. Zu hoffen wäre es.

So oder so: In Standort-Bewertungen der Initiative NAHVERSORGT fließt das Kriterium "Erreichbarkeit mit den Angeboten des öffentlichen Personennahverkehrs" seit jeher mit großem Gewicht ein. Denn Basiseinrichtungen zur Grundversorgung der Bevölkerung sollten nicht zuletzt auch für Personen fußläufig erreichbar sein, die in ihrer Mobilität eingeschränkt sind. Im Ergebnis ist der Bedarf an Pkw-Stellplatz-Flächen bei NAHVERSORGT-Konzepten daher vergleichsweise gering.

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